
german
Ἑρμαφρόδιτος
Das neue Foto-Projekt „Ἑρμαφρόδιτος“ von Vanessa Leißring erzählt die sexuelle Reise des
Hermaphroditen, der zwischen den Geschlechtern existiert. In dieser Navigation der Existenzen,
in den Momenten menschlicher Vereinbarung und der Schlüsse, schafft Vanessa Leißring Geschichten
über die vielfältigen Seinsweisen von Geschlechtlichkeit.
Im begonnenen Diskurs über Intersexualität erweitert sie die Narration im kongenialen Rückbezug auf die
Metamorphosen von Ovid und auf Begrifflichkeit und Notion von Spiegelungen des hermaphroditischen
Abbilds. Dieses KI-gesteuerte neue Futurum, das Zweigeschlechtlichkeit in den Mittelpunkt der
Annahme und eines phantastischen Ausdrucks stellt, veranlasst Vanessa Leißring, über diese Differenz der
Welt in einer Zwischenwelt zu berichten.
Der Rückbezug in Richtung Wandelbarkeit und Form zukünftiger Vereinbarungen einer selben Gefasstheit
und in ihrer Rechtsstellung vereinbarten Gleichheit stellt – im Hinblick auf die historischen Phasen der
Wahrnehmung von Geschlechtern – in Leißrings Fotoserie die Paradigmen hermaphroditischer
Vorstellung in den zeitgenössischen Diskurs. Die Foto-Designerin gibt den Themen damit einen
fotografischen Raum, der die Erzählräume in neuen Ansätzen über sexuelle Schöpfung ergründet und
diese Erkundung in eine neue Welt ohne zeitliche Widerspiegelung veranschaulicht.
Denn diese Zeitlichkeit, die hier ein besonderer Vorgang ist, erzählt die Geschichten und Träume des
Hermaphroditen in KI-kreierten Prozessen – und damit als Beziehung und Vorstellung von Verwandlungen
innerhalb des Wesentlichen. So entsteht zugleich eine Parallele und ein Verlauf der inhaltlichen
Veränderung hin zu einer Begegnung und Anschauung.
Das Futurum, der KI-Protagonist im Bild, reist demnach durch die Zeiten von der Antike bis in die
Moderne. Dort trifft er auf eine hedonistische Welt, scheitert daran, geht zugrunde, entsteht neu,
verwandelt sich und entsteht wieder neu. Diese Reise des Helden steht gleichwohl in einem zeitlichen
Verlauf der Kontexte, die in historischen Dimensionen verschiedene Begrifflichkeiten von
Zweigeschlechtlichkeit repräsentieren und die Ankunft des Protagonisten im Jetzt ankündigen.
Dabei sind die Wesenhaftigkeit und das Irdische, die diversen Konstrukte von Geschlechtlichkeit, als
hauptsächliche Weisen und existenzielle Bestimmtheit in zeitgenössischen Fragestellungen und
Zusammenhängen zu ermitteln. Sie beschreiben hier auch den queeren Liebesbeweis exemplarisch als
künstliche Welt von utopischen Seinsweisen. In den KI-generierten Bildern wird die fotografische
Vorstellung der Protagonistinnen, queeren Persönlichkeiten und Akteurinnen der Szene in einem quasi-
fiktionalen Ansatz repräsentiert.
Die Fotoserie untersucht auf diese Weise sexuelle Schöpfung im Hinblick auf innovative fotografische
Erzählweisen. Auf seiner Reise trifft Hermaphrodit auf diese hedonistische Welt der
Schöpfungsgeschichte, in der Wesenhaftigkeit und Irdisches in utopischen Seinsweisen verschmelzen.
In der Betrachtung des menschlichen Wesens fügen sie sich in eine gleichberechtigte Struktur und in ein
gesellschaftliches Vorhaben ein.
Die Interdependenz als Verbundensein des Menschseins ist daher die vorangestellte Prämisse des
Futurums. Die Fotoserie, inspiriert von der homerischen Epik, entfaltet eine Utopie der Körperbilder,
in der Geschlechtlichkeit sichtbar wird und die Mechanismen gesellschaftlicher Schönheitskonstruktionen
reflektiert.
Eine Sichtbarkeit zu geben, nimmt hier einen eminenten Stellenwert im Projekt ein und formuliert damit
einen führenden Beitrag in den aktuellen fotografischen Arbeiten. Durch die Verwendung von
fotografischen KI-Kreationen entdeckt das Projekt neue Möglichkeiten der fotografischen Methodik.
Text: Evdokia Michailidou

german
Polyflowers
Wir ersticken in Plastikabfall. Rund 400 Millionen Tonnen Plastik werden jedes Jahr produziert. Und zu viel
davon landet im Meer:
Zwei Drittel des gesamten Meeresmülls besteht heute aus Kunststoffen. Plastik an Stränden, in
Meeressedimenten, in Meeresstrudeln. Mikroplastik als tödliche Gefahr für Fische, Meeressäuger, Seevögel.
Denn herkömmliche Kunststoffe wie etwa PET sind biologisch nicht abbaubar. Sie werden nur langsam
zersetzt durch Salzwasser und Sonne und treiben als immer feinere Partikel auf ewig im Meer.
Im Gegensatz dazu sind Blütenpflanzen Teil des natürlichen Stoffkreislaufs. Sie wachsen, blühen auf,
verwelken, werden irgendwann von Mikroorganismen biologisch zersetzt und dienen als Grundstoff für die
Entstehung neuen Lebens. Und sie produzieren durch Photosynthese den lebensnotwendigen Sauerstoff auf unserer Erde.
Polyflowers ist ein fotografisches Projekt, das sich mit diesen Gegensätzen beschäftigt.
Vor allem geht es um den Gegensatz zwischen dem natürlichen und dem synthetischen Farbspektrum: Blumen in
Plastikflaschen, Natur in Polymeren. Durch Colorblocking werden Kunststoff und Natur
in ihrer Farbgebung einander gegenübergestellt.
Text: Andrea Kath

english
Polyflowers
We suffocate in plastic waste. About 400 million tons of plastic are produced every year. And too much of
it ends up in the sea: two thirds of all marine waste today consists of plastics.
Today we even have plastics on beaches, in marine sediments, in sea strudels.
Microplastics are a deadly danger for fish, marine mammals and seabirds.
Because conventional plastics such as PET are not biodegradable. They are only slowly decomposed by
salt water and sun and float forever in the sea as ever finer particles.
In contrast, flowering plants are part of the natural material cycle. They grow, blossom, wither, are at some
point biologically decomposed by microorganisms and serve as the basic material for the creation of new
life. And through photosynthesis they produce the oxygen on our earth that is essential for life.
Polyflowers is a photographic project that deals with these contrasts.
Above all it is about the contrast between the natural and the synthetic color spectrum: flowers in plastic bottles, nature
in polymers. Through colorblocking, plastic and nature are juxtaposed in their colors.
Text: Andrea Kath

german
Petrol Stations
Zoom
Die Geschichte der Tankstelle beginnt mit dem Pferd. Es waren die Poststationen und Krämerläden, bei
denen die Durchreisenden für ihre Gäule Wasser und Heu erstehen konnten. Auch die unmittelbaren
Vorläufer der Tankstellen waren Geschäfte, die den zunächst noch seltenen Autofahrern Benzin anboten.
Je mehr Pferdestärken, desto mehr Benzindurst galt es zu stillen. Autos vermehrten sich – und damit
auch der allgemeine Verbrauch. Es machte Sinn, Verkaufsstellen zu eröffnen, die hauptsächlich oder
ausschließlich Benzin verkauften.
Mit den Zapfsäulen begann die eigentliche Blütezeit der Tankstelle. Nie war die Tankstellendichte höher.
So floss nicht nur viel Öl, sondern auch viel Geld. In Folge dessen konnten in diesen Zeiten die schönsten
Exemplare gebaut werden. Renommierte Architekten wurden engagiert, um futuristisch anmutende
Raumstationen zu schaffen, an denen man seinem Auto neuen Drive und sich selbst ein modernes Antlitz
verleihen konnte.
Zu spät hat man den Wert ihrer zeitlosen Schönheit erkannt. Nur wenige Ikonen konnten bis in die
Gegenwart hinübergerettet werden. Von vielen legen heute nur noch Fotografien ein Zeugnis ab.
Die wenigen Überlebenden stehen unter Denkmalschutz oder haben eine andere Verwendung gefunden. 
Als Wohnhäuser oder Geschäfte segnen umgebaute Tankstellen das zeitliche einer goldenen Ära.
Die postmodernen Exemplare, wie sie die Bilder von Vanessa Leissring zeigen, entstammen bereits einer
Phase, in der die Tankstelle ihre große Zeit längst hinter sich gelassen hat. Als die Tanks immer
voluminöser wurden, die Autos sparsamer und ihre Reichweiten größer, als der gnadenlose
Konkurrenzkampf um die niedrigsten Ölpreise zu einer stetig sinkenden Anbieterzahl und immer größeren
Ölkonzernen führte, sank die Zahl der Tankstellen.
Dafür wurden sie bunter, heller und vor allem größer. Vom Benzin allein kann schon lange keine Tankstelle
mehr leben. Längst sind sie zu Verkaufsoasen geworden, an denen es zu überteuerten Preisen alles und
nichts gibt. Auf der Autobahn bieten die sogenannten Autohöfe die klassische Albtraum-Trias von
Fastfood, Sexshop und Spielhölle an.
Das erinnert daran, dass Tankstellen eben auch Sehnsuchtsorte sind – Orte, an denen es nicht nur darum
geht, rasch weiterzukommen, sondern an denen wir schnell auch noch für die Befriedigung unserer
einfachsten Bedürfnisse sorgen: Essen und Trinken, Schokolade und Chips, Zigaretten und Sprit, Porno
und Glücksspiel.
Nicht nur dem heimatlosen Trucker am Rande der Autobahn, sondern auch dem einsamen Teenager in der
Provinz werden dort rund um die Uhr kleine Wünsche erfüllt. Was wir dort bekommen, führt uns nicht nur
ganz konkret im Auto quasi überall hin, sondern alternativ auch in den Rausch oder ins Reich der billigen
Phantasie – ganz besonders nachts.
Heute buhlen die Tankstellen auch am Tage grell-bunt erleuchtet um Aufmerksamkeit. Je mehr sie an
Bedeutung verloren haben, desto imposanter wurden sie. Ihre Säulen lassen sie wie Tempel, ihre
geschwungenen Haubendächer wie Ufos erscheinen. So oder so – sie verheißen uns eine Reise: wenn
schon nicht in die unendlichen Welten des Alls, so doch in die herbe Romantik des Fernverkehrs.
Totale
Vanessa Leißrings Aufnahmen von Tankstellen erscheinen uns auf den ersten Blick sehr vertraut,
geradezu verstörend banal – und auf den zweiten seltsam entrückt und schön. Eine Totale auf Tankstellen,
wie sie menschenleer in der Dunkelheit liegen, bekommen wir nur selten zu Gesicht. Entweder sind sie
rund um die Uhr geöffnet, weil immer Betrieb ist, oder die Lichter gehen aus, weil nichts mehr verkauft wird.
Die Photographin lag offensichtlich auf der Lauer, um diese aussterbende architektonische Spezies in
völliger Reglosigkeit abzulichten. Hier herrscht der Stillstand. Tankstellen verheißen eigentlich ultimative
Mobilität; das grelle Licht Energie im Überfluss. Es sind Orte der rauschhaften Verschwendung von
Ressourcen.
Unvernunft macht das Lustvolle aus: Fahren ohne Ziel. Leuchten ohne Zweck. Wie dem bunten Blinken
auf einer Kirmes oder dem Glitzern eines Feuerwerks können wir der kindlichen Schönheit dieser
leuchtenden Oasen der Nacht verfallen. Strom ohne Ende. Benzin ohne Limit. Die unmittelbare,
ungehemmte Bedürfnisbefriedigung ist ein Relikt des Turbokapitalismus – völlig unzeitgemäß.
Selbst die Familie Rockefeller hat sich vom Ölgeschäft abgewandt, angeblich um sich die Hände nicht
weiter schmutzig zu machen. Die Ölpreise verfallen ohnehin. Keine Tankstelle kann mehr vom
Benzinverkauf allein leben. Die Tankstellen sind wieder zu Krämerläden geworden. Mittlerweile ziehen dort
 Supermärkte ein.
Ihr grell-buntes, lichterloh aufplusterndes Aufscheinen ist die pure Verzweiflung vor dem 
Unausweichlichen. Denn das Ende der Tankstelle, von dem die Bilder erzählen, ist längst besiegelt.
Elektroautos bringen sie zum Verschwinden.
Fade
Am Ende schließt sich der Kreis. Elektrische Zapfsäulen werden auf den Parkplätzen von Supermärkten
und Shoppingmalls stehen. Das Auftanken von Strom wird eine Nebensache sein und ansonsten zuhause
ablaufen. Nur noch die Raststätten auf der Autobahn werden eine Weile fortbestehen, insbesondere weil
es noch Trucker geben wird, die Pausen brauchen. Aber auch das geht vorbei.
Wenn erst die selbstfahrenden Automobile übernommen haben, wird das vor allem für Tausende von
Lastwagenfahrern das Aus bedeuten. In letzter Konsequenz werden fahrerlose Vehikel das Straßenbild
und die Autobahnen dominieren. Schlussendlich wird alles automatisiert ablaufen. Führerlose E-Trucks
werden sich an robotisch gesteuerten Tankstellen ihren Strom holen – und alles, was ein intelligentes Auto
sonst noch braucht. Menschen bedarf es dafür dann nicht mehr.
Die Tankstellen, wie wir sie heute noch kennen, haben dann ausgedient. Kinder werden ihre Eltern fragen,
was denn eine Tankstelle ist. Sie werden die ebenso traurigen wie verheißungsvollen Bilder sehen und sich
gemeinsam an vermeintlich gute alte Zeiten erinnern.
Das über Jahre entstandene Archiv der vom Aussterben bedrohten Tankstellen, von denen schon heute
einige nicht mehr existieren, wird uns an eine Mobilkultur und einen Autokult erinnern, der nachfolgenden
Generationen fremd vorkommen mag. Ruinen von Burgen und Schlössern, Zechen und Stahlwerken
bleiben uns erhalten – die Tankstellen aber werden verschwinden. Niemand wird sie für erhaltenswert
halten. In Zukunft werden wir auch das bedauern.
Dann haben wir die Bilder von Vanessa Leißring. Ihre Photographien helfen uns schon heute dabei,
den Menschen wegzudenken.
Die Vorläufer der Tankstellen waren für die Pferde da – um Wasser, Heu und Kraft zu tanken, um Luft 
holen zu können, letztlich, um das Blut in ihren Adern mit Energie zu versorgen. Dann holten sich die
Autos ihre Transfusionen flüssigen Goldes an den Tankstellen ab. Noch abstrakter als der Energieträger
Benzin ist das, was heute Autos antreibt: der Fluss von Strom.
Das Auto der Zukunft treiben genau genommen zwei Ströme an – Energie- und Datenfluss. Logistik speist
sich künftig immer aus diesen beiden Modi. Bald wird kein Auto mehr ohne Internetzugang fahren. Aber
ohne Strom brechen auch alle Datennetze zusammen.
Selbstfahrende Autos nehmen dem Menschen nicht nur die Fortbewegung ab, sondern auch die Zügel
aus der Hand. Einstmals bedeutete Automobilität für den Menschen einen Zugewinn an Autonomie. Indem
nun Maschinen im Internet der Dinge Autonomie gewinnen und uns wieder zu Fahrgästen machen,
schwindet das Wilde und Ungezähmte, das ein Ritt auf einem Pferd oder eine Autofahrt einst ausmachte.
Autofahren wird in absehbarer Zeit verboten werden, weil es zu gefährlich und damit unverantwortlich ist.
Vielleicht wird es dann subversive Tankstellen geben, in denen Sprit wie eine illegale Droge verkauft wird.
Dann werden wir uns nicht nur sehnsüchtig an die modernistischen Tankstellen der Blütezeit des Autos
erinnern, sondern auch an die letzten Exemplare, die sich grell erleuchtet ihrem unausweichlichen Ende
entgegenstemmten.
Ihre Lichter sind ausgegangen. Sie waren reif fürs Museum.
Text: Bert te Wildt

It was too late to recognise the value of their timeless beauty. Only a few icons have been preserved to the
Not only the homeless trucker at the edge of the motorway, but also the lonely teenager in the provinces
Petrol stations actually promise ultimate mobility, the bright light promises energy in abundance. They are
No petrol station can live from selling petrol alone anymore. The petrol stations have become grocery
Once the self-propelled cars have taken over, this will mean the end for thousands of truck drivers
Text: Bert te Wildt

german
Petrol Stations
Was wären wir ohne Tankstellen? Und was wären Tankstellen ohne uns?
Vanessa Leissrings Bildstrecke „Petrolstations“ gibt sehr klare, photographische Antworten.
Autofrei, menschenleer und isoliert stehen die Stationen im eigenen Neonlicht; ihre einzige Bezugsgröße ist die Nacht.
Die Photos zeigen Tankstellen „an und für sich“, als geometrische, durch farbige Lichtflächen definierte Objekte,
sehr nackt und dennoch – oder gerade deshalb – unumstößlich und schön.
Text: André POLOczek

german
Petrol Stations
Der Bewegung entrückt
Die Tankstelle als Mittlerin der Bewegung, von der Fotografie als Mittlerin des Gewesenen eingefangen –
gebannt in den Moment.
Längst sind Tankstellen nicht mehr „dem Straßenbild angepasst“, keine „gestalterisch
rückwärtsgewandten Randsteinexistenzen“; sie wurden zu raumgreifenden Versorgungsinseln, deren
Unterbrechung der Bewegung nicht mehr allein deren Wiederermöglichung dient. Der Verkauf von
Kraftstoffen trägt nur noch einen Bruchteil zum Umsatz bei. Angesichts der dringend notwendigen
Energiewende gehören Tankstellen über kurz oder lang einer aussterbenden Art an – umso bedeutsamer
wird ihre dokumentarische Erfassung.
Im Geist des Konstruktivismus verlangen sie, dass ihrer formalen Radikalität auch im Abbild entsprochen
wird. In standardisierten Bauteilen, asymmetrischen Grundrissen und im Spiel von Vertikalität und
Horizontalität zeigen sie Regularität.
Diese Regularität und den Inselcharakter arbeitet Vanessa Leißring in ihrem seit 2006 fortgeführten
Langzeitprojekt heraus – einer typologischen Betrachtung medial mythisch aufgeladener Orte. Sie löst
ihre Objekte aus alltäglichen Erfahrungs- und Bedeutungszusammenhängen, erzeugt eine innere Unruhe,
Sprachlosigkeit angesichts tausendfach erfahrener Räume. Zugleich erschüttert sie die Begriffs- und
Wahrnehmungsmuster des Betrachters: Durch Dekontextualisierung entstehen neue Wirkräume – die
erste Assoziation ist die eines UFOs.
Leißring übernimmt die von Vilém Flusser postulierte „Schönheit des begrifflichen Universums“, indem sie
in schwarz-bunten Fotografien Authentizität verdeutlicht und eine Autonomie der Subjektposition gewinnt.
In kontrapunktischer Dekonstruktion verleiht sie den ortlosen Formen der architektonischen Moderne ein
emanatisches Flair. Sie verstärkt Wahrnehmungsnöte, indem sie ihre Motive aus Zeit und Raum löst.
In konsequenter Weiterentwicklung von Ed Ruschas Twentysix Gasoline Stations verzichtet sie auf den
ökonomischen Aspekt der Straße und erzeugt Unräumlichkeit. Ihren Kompositionen fehlt folgerichtig der
von Ruscha intendierte Readymade-Anklang. Die kühle Kunstlichtatmosphäre erinnert – durch Isolation,
Ausgrenzung, Distanz und Konzentration auf das Banale – an Edward Hopper.
Text: cerxú

english
Petrol Stations
Far removed from movement
The petrol station as mediator of the movement,
captured by photography as mediator of the past,
banned into the moment.
Petrol stations are no longer „adjusted to the appearance of the street“,
„backward facing designed subsictance by the curbstones“,
they became extensive supply rigs
dedicating an interruption of movement not only to re-enable this movement;
selling gasoline actually contribute only a fraction of the turnover.
In the face of the vitally essential energy transition,
petrol stations will sooner or later be part of a dying species,
which makes the documentation of their existence all the more urgent.
Oriented to constructivism, petrol stations demand
that their formal radicality is also met in their imaging.
They are examples of regularity in their use of standardized components,
the use of asymmetrical ground planing,
and the application of the principles of verticality and horizontality.
Vanessa Leißring processes this regularity and the island-ish character
in her long-term project, which has been continuously continued since 2006,
in a typological consideration of media mythically charged places.
She frees her objects from the mundane experiential contexts
and conceptual relationships,
creating restlessness, a speechlessness
in the face of spaces a thousand times frequented .
At the same time, she convulses the conceptual models and the viewer‘s grasp of the experience,
and the objects under consideration experience a new impact-cosmos by decontextualization
(the first association is with UFOs…).
Leißring takes over the „beauty of the conceptual universe“
postulated by Vilém Flusser, by making authenticity clearer in black-colored photos,
gaining an autonomy of the subject‘s position.
In contrapuntal deconstruction,
she gives emanational flair to non-locatable forms of architectural modernism.
She intensifies perceptional hardships
by detaching her motifs from space and time.
In a consequent enhancement of Ed Ruscha‘s „Twentysix Gasoline Stations“,
she renounces the economic aspect of the street,
creating unspatiality.
Consequentially her compositions miss Rusha‘s intended afflatus of Readymades.
The cool atmosphere of artificial light is also reminiscent of Edward Hopper‘s
expression of isolation, exclusion, distance as well as the concentration on actually banal.
Text: cerxú
